Sonntag, 17. Mai 2009
Peter Hein, Die Songtexte, 1979 — 2009, Lilienfeld Verlag 2009.

Nun ist es also da, da neue Buch von Peter Hein [PDF Link]. Was soll man sagen, ich weiß es nicht, ich kann sowas eigentlich nicht, eben Rezensionen schreiben. Obwohl mir eine mal gut gelungen ist, wie ich finde. Aber das war eine Ausnahme.

Doch kommen wir zum Punkt, ja sozusagen sogar und in der Tat und eigentlich auch platterdings zum Kern der Sache. 2007 erschien bereits Geht so — Wegbeschreibungen von Peter Hein im Lilienfeld Verlag und das Buch hat mir erstaunlich viel Spaß bereitet, handelte es doch meist von Dingen, die auf eben seinen diversen Reisen, meist zu Fehlfarben oder Family 5 Gigs, die dort eben so, nunja, auf ihn einströmen taten, mehr oder weniger. Schön gemacht und klasse geschrieben und außerdem nochmal ein verdientes Lob an den Lilienfeld Verlag, der überhaupt wunderbarst gemachte und sauber produzierte Bücher hausbringt und auch herausbringt; das erinnert teilweise schon an den alten Franz Greno Verlag, dessen Ende ich Lilienfeld allerdings nicht unbedingt wünsche. Falls der Lilienfeld Verlag an einer Neuauflage meiner Antarktis-Expedition interessiert ist, so bitte ich sowieso um sofortige positive Rückmeldung, ansonsten hagelt's eh nur noch Verrisse her. Davon abgesehen.

Die sind echt das letzte.

Zurück zum Kern. Die Songtexte beginnt mit einer äußerst übelgelaunten Einleitung, betitelt Beginn: der Hof. Es macht in der Tat den Eindruck, als hätte man Peter nur nach mehrmaligem Waterboarding zwingen können, diesen Text zu schreiben, zumindest scheint es, als daß hier jemand schriftstellerisch zugange war, der irgendwie die Faxen vollkommen dicke hat und der mit der Welt als solcher und mit sich selbst sowieso längst abgeschlossen hat; jemand der denkt, nun reicht's, ihr könnt mich alle mal undsoweiter und sich während des Schreibens selbst verärgert eine Pfeife versucht zu stopfen, den Mac Barens RollCake Tabak über den Tisch verstreut und sodann einfach den Röntgenfernseher, nein, Röhrenfernseher anschaltet, um auf 3SAT eine alte MiPau Dokumentation zu schauen, nur um diese absolut kacke zu finden. So liest es sich jedenfalls. Dieses Geleitwort. In etwa.

Aber dann geht es ja auch schon weiter, ersteinmal mit Fotos (eins davon von mir, logisch, klar), dann mit einem durchaus versöhnlichen Geleitwort, welches weitaus genehmer formuliert ist, als all die Anmache vorher.

Und dann natürlich Peter Heins Texte, schließlich dreht sich darum das ganze Buch ja. Also denn.


Teilweise sind sie irrwitzig komisch:

Der Bus, die Bahn, das kotzt mich an,
was muß ich Arsch auch damit fahrn

(X 9200, 1979)

"Und als Lohn der Revolution
gibt's keinen Mohn,
sondern nur ein Kilo Interferon"

(Mildred, 1983)


Teilweise nachdenklich:

Ob mit Diedrich alles stimmt,
ob Steffi ihn in den Mund nimmt
Ob mich die Meerkatze beißt,
oder der Kanzler Birne heißt

(Alles ganz einfach, 1987)


Dann wieder innekehrend:

Ich hab noch nie einen Leoparden geküßt,
wie kann ich dann sagen, daß es bei uns so ist

(Gedicht für Dich, 1991)


Oder ganz banal populär:

Die Mädels drücken sich die Nasen platt
Eine neue Hose in der Stadt
Die Jungens haben es satt
Eine neue Hose in der Stadt

(Neue Hose, 2004)



Je mehr man fortfährt und je mehr man diese Texte verarbeitet, desto mehr wird man ausgerechnet an Eckhard Henscheid erinnert, den so großen Dichter des neu-deutschen Goetheischen Zeitalters und dessen grandiosen Aufschrei "Prost, Herr Läääwool!". Jedoch ist Hein weitaus raffinierter, insgesamt wesentlich geschickter, indem er die Texte bereits 1979 so schreibt, als hätte Henscheid sie erst 1999 geschrieben. Das ist schon der Erwähnung wert; auf diese Idee muß man allerdings erstmal kommen. Ein absolut genialer Schachzug.

Zwischendurch wird das Buch aufgelockert mit einem transkribierten Interview, nämlich Peter Hein antwortet. Dort quatscht er über Punk Rock in Deutschland, über den Ratinger Hof und über Gott und die Welt. Leider vergißt er zu erwähnen, daß auch ich bei der Band Camp Sophisto mal als Gitarrist zugegen war, insofern gibt's einen Punkt Abzug.

Peter Hein ist mit Die Songtexte ein großer Wurf gelungen. Er hat, zugegeben, nicht vielmehr dafür machen müssen, als die Texte zusammenzutragen und ein ekliges Geleitwort zu schreiben, aber all der ganze Rest ist absolut lesenswert. Und auch die Texte. Die sind einfach klasse. Kurz: kaufen (!), das Buch. Es lohnt sich. Ernsthaft.

Zu erstehen ist es hier, oder besser, bei der Buchhandlung Ihrer Wahl. Am besten gleich die um die Ecke.