grosses glück lenkte meine erste infektion mit reggae:
1977, in einem kleinen düsseldorfer plattenladen, wo disco und soul verkauft wurde, stand ein schuhkarton mit singles für eine mark, darunter einige merkwürdige, weissbehüllte schlechtgepresste mit bunten labels und komischen namen, die mir nichts sagten.
mithilfe des ladeneigenen plattenspielers lauschte ich auf den b-seiten den ersten dubs meines lebens und hielt irgendwas für kaputt oder misslungen, weil sie zum einen aus dem ramsch stammten, und zum anderen voller echoeffekte waren.
der ladenbesitzer wusste auch nicht, was das sein sollte, und als ich 3 davon kaufte, schenkte er mir noch einige und zeigte mir eine lp in weisser innenhülle, auf deren label „express dj only“ und „made up town jamaica“ stand, - wovon er meinte, das sei was ähnliches, und weil es kein cover gab, wollte er dafür auch nur drei mark haben, also nahm ich sie auch.

im laufe der zeit merkte ich, dass diese lp zu den besten dubplatten der 1970er überhaupt gehört und in verschiedenen auflagen und covers veröffentlicht wurde. es war „king tubby’s meets the rockers uptown“ von augustus pablo :-)

das zweite prägende erlebnis war der vorstoss in einen reggae-laden in notting hill auf einem londonbesuch ende 77, wo mir schon klarer war, dass hier obskure cover und schiefsitzende labels ein merkmal für qualität sind. ich kaufte etwa 6 lp s nach dem cover, darunter trinity vs dillinger, ras michael + the sons of negus, jah stitch, u-roy und eine lp mit dem ölportrait eines kiffenden rasta (siehe oben) und der aufschrift „meditation dub“, sowie dem bild einer mumie (siehe unten) auf dem label. als band waren die „mercenaries“ angegeben, von denen ich in den darauf folgenden 25 jahren trotz gelegentlichen stöberns nie wieder etwas sah oder hörte, bis ich 2002 bei saturn auf eine pressure-sounds-cd von den techniques („in dub“) stiess, deren songtitel mir sonderbar bekannt erschienen und wie sich herausstellte, exakt mit den titeln auf der „mercenaries“- lp übereinstimmten, die demzufolge ein bootleg ist.






nsa, Sonntag, 28. Februar 2010, 12:22
Wie die Dinge sich gleichen, aber doch verschieden sind. Die Initialzündung erfolgte bei uns altersbedingt etwas später, 1978 durch Peter Tosh's Bush Doctor (ja genau die mit Mick Jagger) aber es folgten rasch andere Platten. Nur gab es hier auf dem Lande kaum Plattenläden. Wir waren schon froh in der Plattenabteilung eines lokalen Baumarktes (!!!!) eine Joy Division LP zu bekommen, an Jamicapressungen war nicht zu denken. So haben wir dann Einkaufsexpeditionen in anliegende größere Städte (u.a. auch nach London, war aber Anfang der 80iger) unternommen. Ich erinnere mich an Dubplatten der Fat Man Ridim Section, Prince Allah, und Burning Spears "Rocking Time" (total zerkratzte und gewellte Scheibe aber natürlch aus Jamaica, Graskrümel incl.) Ein Freund vom mir hat das dann viel später zum Hobby gemacht, der sammelt jetzt 7" inches und beglückt mich regelmäßig mit neuen (alten) Versionen.

ostrich, Sonntag, 28. Februar 2010, 13:34
was ich dieser musik verdanke, kann ich gar nicht sagen...ein traumland voller melodien, zitate, versionen und fortsetzungsgeschichten (who killed the barber, 3 blind mice, etc etc), ein hort voll gitarrenhelden, die nur chaka machen und bässe von ausserspace, die zwar an polka erinnern, aber für bleichgesichter unkopierbar bleiben, weil sie voodootrommelmelodien nachbilden...ganz zu schweigen vom umgang mit sogenannten "originalen", die fortlaufend aktualisiert wurden, deren urheber aber seltsamerweise jedesmal wechselten - und der für mich feststehenden tatsache, dass rap aufs toasting zurückgeht und die idee der in den 90ern allerorts aufkommenden remixe ebenfalls aus dem jamaikanischen reggae kommt, der damit die grösste ausgebeutete musikalische innovation der letzten 30 jahre zu schein scheint...

...mein fall sind die 70er, die ersten dubs und die manchmal unzählbaren versionen derselben geschichte, von denen man auch nach 30 jahren noch neue entdecken kann, weil sie seinerzeit in winz-auflagen auf der insel erschienen und keiner über die lokale tanzveranstaltung hinaus damit gedealt hat.

dub ist psychedelik mit rhythmus. ein anderes kapitel, das aus kingston direkt zu techno führt.

unvorstellbarer erfindungsgeist und grösstmögliche geniedichte treiben mich zu der ansicht, dass die musikalische wiege der menschheit tatsächlich dort schaukelt.